Wo sich Kunst und Religion berühren
Kunst in der Kirche - in diesem Rahmen fand am Samstag, den 22. Februar, eine Vernissage mit Bildern des niederländischen Künstlers Rolf Janssen statt, der seit 2006 in Nuthetal eine neue Heimat gefunden hat.
Pfarrer Christoph Knack stimmte uns ein mit Gedanken zur "Wahrnehmungsschulung“, zum „emotionalen Lernen“ und zur „ästhetischen Bildung".
Astrid von Bresinski moderierte charmant und eloquent das Gespräch mit dem Künstler, in dem seine verschiedenen Maltechniken ebenso Thema waren wie die geistige Entstehung der Bilder.
Die Kunst der Malerei wurde fantastisch in Szene gesetzt durch die Kunst der Musik von Hristo Dimitrov an der Violine und Sergey Kuznetzov am Jazzpiano, die mit Polka, Serenade und Filmmusik die Bilder und Worte ergänzten.
Anschließend konnte bei einem Glas Sekt die eine oder andere Frage noch besprochen werden.
Kunst in der Kirche - ein Format mit Überraschungs- und Lerneffekten.
Ein großes Dankeschön für die Organisation geht an den Arbeitskreis "Kulturelle Kirche" - vor allem an Ines Beyer.
Wer nicht dabei sein konnte oder wer nochmal nachfühlen möchte, findet hier Auszüge aus der Ansprache von Pfarrer Christoph Knack und weiter unten eine Fotogalerie:
1. Kunst ist Wahrnehmungsschulung: Was sehe ich? Und zwar nicht nur: Was sehe ich auf der Oberfläche…? Was sehe ich, wenn ich mir Zeit nehme? Schaue ich genau hin? Welche Figuren z.B. kommen mir nach und nach aus dem tiefen Blau der Bilder hier zu meiner rechten entgegen? Welche sehe ich zuerst? Für welche muss ich länger hinsehen? Dazu muss ich verweilen, länger hinschauen, nicht durchklicken, sondern verharren. Eine Tugend, die vielleicht bedroht ist, die es aber lohnt wieder zu schulen: Verweilen und in die Tiefe schauen. Die eigene Wahrnehmungsfähigkeit trainieren.
2. Kunst ermöglicht emotionales Lernen. Wenn ich mir Zeit nehme vor Kunstwerken, dann kann ich der Frage nachgehen: Was berührt mich? Welche Gefühle lösen z.B. die Farben aus. Macht ein tiefes Blau mich gelassener? Reibe ich mich an den Kontrasten? Was fühle ich im Blick auf bestimmte Motive? Welche Sehnsucht wird da vielleicht wach?
Im Wahlkampf, den wir erlebt haben, geht es oft um sogenannte Faktenchecks – die sind wichtig, in Zeiten auch von gefährlichen Desinformationskampagnen. Aber was dabei auch droht verloren zu gehen, ist die Frage nach emotionaler Klugheit. Wäre Umgang mit Gefühlen nicht auch ein wichtiges Schulfach und ein Beitrag zu politischer Bildung? Ich glaube: Wer sich mit seinen Gefühlen auseinandersetzen kann, ist weniger anfällig für vereinfachende oder populistische Parolen.
3. Zuletzt: Kunst muss nicht „schön“ im oberflächlichen Sinne sein. Aber Kunst schafft Begegnung mit Schönheit, Sinnlichkeit, Lebensfreude. Ohne diese Dimension der Ästhetik und des ästhetischen Lernens verkümmert der Mensch. Zu schnell wird dann vieles rein funktional oder konsumistisch betrachtet. Deswegen hebt die Begegnung mit Kunst uns aus dem Alltag und lässt uns – auch wenn sie kritisch oder sperrig, provokativ sein kann – das Leben feiern.
Glaube/Religion kann unsere Weltwahrnehmung vertiefen und erweitern, Religiostät erfordert die Auseinandersetzung mit unserer Emotionalität und kann uns aus dem Alltag heben und die Berührung mit Schönheit schenken. Weder Kunst noch Religion sind darum automatisch Weltflucht oder weltabgewandt. Im Gegenteil, wir finden in beiden eine Quelle uns mit neuer Intensität der Welt und dem Leben zuzuwenden. Da wo sich Kunst und Religion berühren...
Bild zur Meldung: © Silke Ewe